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Wie Frauen für ihre Fruchtbarkeit vorsorgen können

Wie Frauen für ihre Fruchtbarkeit vorsorgen können  - lebexund.jetzt
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Die Fruchtbarkeit nimmt ab dem 30. Lebensjahr kontinuierlich, ab dem 35. Lebensjahr deutlich ab. Die biologische Uhr tickt also tatsächlich, und wie! Im Gespräch mit dem Gynäkologen und Kinderwunschexperten Dr. Alexander Just.

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Das Ticken der Uhr ist eine Tatsache, aber auch, dass sie nicht bei allen Frauen gleich schnell tickt, ist richtig. Die Reserve an Eizellen ist individuell sehr verschieden. Der Kinderwunschexperte drückt es plakativ aus: „Wir sind alle weniger fruchtbar als wir glauben!" Besonders für Frauen seien deshalb Wissen und Fruchtbarkeitsvorsorge  wichtig. Der Arzt setzt sich daher dafür, dass sich die soegenannte reproduktive Vorsorge etabliert. Dabei ist Aufklärung elementar.

Was sind die häufigsten Gründe dafür, dass sich trotz „regelmäßigem“ Geschlechtsverkehr kein Nachwuchs ankündigt?
Dr. Alexander Just: Zu den möglichen körperlichen Ursachen bei der Frau gehören zum Beispiel hormonelle Störungen, Schädigungen des Eileiters oder der Eierstöcke, Myome oder eine Endometriose.  Eine besonders große Rolle bei der Fruchtbarkeit der Frau spielt aber das Alter: Je älter die Frau ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sich ein Kinderwunsch auf natürlichem Wege erfüllt. Und es ist wichtig zu wissen: Auch eine künstliche Befruchtung kann keine biologischen Berge versetzen. Wenn eine Frau keine gesunde Eizelle mehr hat, kann auch die Fertilitätsmedizin nicht helfen.
 
Viele glauben, dass auch eine Frau, die auf die 40 zugeht, „heutzutage“ noch leicht schwanger werden kann. Zum einen kennt jeder jemanden im echten Leben, zum anderen zeigen es Stars, die weit über 40 noch Mutter werden, ja vor ...
Das ist es ja, was ich aufklären will: Wenn Hollywood-Schauspielerinnen im reifen Alter ein Kind bekommen, sagt niemand dazu, dass es sich hier großteils um Eizellenspenden handelt. Es ist einfach ein Faktum: Das Zeitfenster, in dem Frauen Kinder bekommen können, ist beschränkt. Obwohl die Lebenserwartung steigt, bleibt die begrenzte Verfügbarkeit von Eizellen eine biologische Tatsache.

Wie sieht das beim Mann aus?
Männer sind in der Regel ein Leben lang zeugungsfähig. Aber auch bei Männern nimmt die Qualität der Spermien ab – mit dem Alter und auch allgemein.  

Fruchtbar bis in die Wechseljahre?

Kann eine Frau nicht schwanger werden, bis sie in die Menopause bzw. Wechseljahre kommt?
Späte Schwangerschaften kommen natürlich vor, sind aber absolut nicht die Regel. Im Gegenteil: Die reproduktive Lebensphase einer Frau endet nicht erst mit der letzten Eizelle in der Menopause, sondern bereits früher, wenn die Befruchtungsfähigkeit und das Entwicklungspotenzial der Eizellen nachlassen. Und: Nicht jede Frau hat so lange Zeit! Neben der altersbedingten Erschöpfung des Eizellenpools gibt es auch individuelle Schwankungen. Und genau da setzt meine Aufklärungskampagne an: Frauen, die grundsätzlich Kinder wollen, sollten Bescheid wissen, dass ihre Reserve an Eizellen auch reduziert sein kann. Und dass sie dann „später“ vielleicht kein Kind mehr bekommen können.

In welchem Alter sollte eine Frau ihre Fruchtbarkeit überprüfen lassen, wenn sie „später“ einmal Kinder haben will?  
Am besten im Alter von 25, 26 Jahren. Die Fertilität kann man mithilfe ganz spezieller Bluttests in Kombination mit der Bestimmung des Anti-Mül­ler-Hor­mons, Lebensstil- und  anderen Faktoren bestimmen. In Österreich ist diese reproduktive Vorsorge noch nicht etabliert. Kein Labor macht diesen Bluttest, weshalb er in einem Labor in Deutschland ausgewertet wird.  Nach dieser Erhebung der Fertilität empfehle ich der Frau ein jährliches Fertilitäts-Monitoring. Damit weiß sie Bescheid und kann selbst bestimmen, was sie entscheiden und wie sie ihr Leben gestalten will. Ohne dieses Wissen ist sie auf Hoffen, Glauben und Erwartungen angewiesen – und wird dann zu oft enttäuscht, ganz einfach, weil es zu spät ist. Und weil auch die künstliche Befruchtung nicht so funktioniert, wie viele es glauben.

Waren es die enttäuschten Hoffnungen, die Sie dazu motiviert haben, sich für reproduktive Vorsorge einzusetzen?   
Ja, zu oft saß ein Paar mit ganz falschen Erwartungen vor mir. Es ist einfach so: Der Kinderwunsch verschiebt sich für Frauen wie für Männer immer weiter nach hinten. Eine vorausschauende Familienplanung wird deshalb immer wichtiger. Diese ist aber nur möglich, wenn ich Kenntnisse über die eigene, individuelle biologische Zukunft habe. In meiner Praxis habe ich täglich das Gegenteil erlebt: Die Kluft zwischen der Vorstellung, natürlich schwanger zu werden, und der Biologie, die das nicht mehr erlaubt, wird immer größer.

Werden junge Frauen in Zukunft also die Anzahl ihrer Eizellen checken lassen?
Das ist mein Ziel. Je früher sie Bescheid wissen, desto besser. Sie haben dann viel mehr Optionen als mit 35 und älter.

Fruchtbarkeit: gut zu wissen

Kinder kommen immer später. Der Zeitpunkt, zu dem Frauen in Österreich ihr erstes Kind bekommen, verschiebt sich seit 30 Jahren immer weiter nach hinten. 1984 lag das Durchschnittsalter bei der ersten Geburt bei 24 Jahren, 2014 bei 29 Jahren. Heute bekommt eine Frau ihr erstes Kind mit durchschnittlich 31,2 Jahren.

Die Risiken steigen. Mit zunehmendem Alter endet nicht nur die Fruchtbarkeit, auch das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen und Frühgeburtlichkeit steigt. Biologisch betrachtet sind Frauen zwischen 19 und 32 Jahren im idealen Alter, um Kinder zu bekommen.

Gesundheitsproblem. Probleme mit der Fertilität, also die Fähigkeit, Kinder zu zeugen und auszutragen, sind auch unabhängig vom Alter im Steigen begriffen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Unfruchtbarkeit als ein weltweites Gesundheitsproblem anerkannt. Fertilitätsstörungen sind häufig, über alle Altersgruppen gemittelt ist rund jedes sechste Paar mit Kinderwunsch davon betroffen.

Mehr Info:  www.wunsch-kinder.at

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Quelle: Kleine Zeitung/Lebenslust/Roswitha Jauk

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