Orthopäde Matthias Manke verrät, warum man seinen Füßen Aufmerksamkeit schenken sollte und worauf es bei der Fußpflege zu achten gilt.
Noch ist der Sommer nicht vorbei. Viele wählen in der heißen Jahreszeit Flip Flops oder Sandalen. Was sagen Sie als Orthopäde dazu?
Matthias Manke: Zum einen freut sich der Fuß. Er kommt endlich raus aus seinem synthetischen Socken-Gefängnis und bekommt frische Luft. Wir haben hier also schon einmal weniger Risiko für Fuß- oder Nagelpilz. Das Problem ist aber, wenn man damit falsch läuft, dann erläuft man sich damit einen so genannten Spreizfuß.
Ihr Buch trägt den Untertitel: Was Füße über unsere Gesundheit verraten. Was verraten sie denn?
Als Arzt sehe ich zuerst einmal, wie der Patient seinen Körper pflegt. Wenn ich schon mit meinen Füßen rücksichtslos umgehe, dann sagt das auch etwas über meine grundsätzliche Einstellung zu meinem Körper aus. Dann kann man sagen: Habe ich kalte Füße? Habe ich ein Durchblutungsproblem? Habe ich Missempfindungen in den Füßen? Habe ich ein neurologisches Problem? Gibt es Hautveränderungen? Habe ich eine Infektion am Fuß? Deswegen verraten uns die Füße zweierlei, einmal im Hinblick auf unseren Gesamtzustand und einmal an Ort und Stelle, ob irgendwelche Probleme im Körper vorliegen.
Welche Beschwerden können auftreten, wenn man sich nicht um seine Füße kümmert?
Unsere Füße sind das Fundament des Körpers. Wenn wir nun irgendwo eine Veränderung haben – wenn der Fuß auf der einen Seite abknickt – dann verkürzt sich damit die Beinlänge, das Becken steht infolge schief, die Wirbelsäule muss gegenlenken und letztendlich können wir dann über eine Fußfehlstellung auch Kopfschmerzen oder Kieferprobleme entwickeln, weil das Fundament gestört ist.
Was sind die häufigsten Fußleiden?
Der Hallux, die Ballenzehe, tritt meistens mit einem Spreizfuß auf. Hier ist die Fußstatik gestört und die Großzehe sucht sich ihren Weg nach außen, aufgrund veränderter Muskelzüge. Der Hallux beruht im regelfall auf einem zu engen Schuhwerk und einer genetischen Komponente. Mittlerweile sieht man auch den Senk-Spreizfuß sehr oft. Kinder werden immer kräftiger, tragen nur noch Schuhe und gehen beinahe nie barfuß, die Fußmuskeln werden also nicht mehr genug trainiert und das Gewölbe, das wir sonst kennen, baut sich nicht mehr richtig auf.
Dieser Senk-Spreizfuß wird dann zum Plattfuß, wenn gar nichts mehr geht. Und dann gibt es noch die Krallenzehe. Sie entsteht, weil die Zehen bei einem ausgeprägten Spreizfuß keinen Kontakt mehr zum Boden haben. Die Zehen hängen dann einfach nur so herum und haben keine Funktion mehr.
Bei Kindern wird viel Zeit und Geld in den Schuhkauf gesteckt. Je älter sie werden, desto wichtiger wird die Optik des Schuhs. Muss man ein Leben lang darauf achten, was man an den Füßen trägt?
Der Fuß verändert sich im Laufe eines Lebens. Wenn wir mit einem Auto fahren, nutzt sich auch der Reifen ab und das Auto bekommt Verschleißerscheinungen. Unser Fuß ist genauso. Er altert und verändert seine Form durch die unterschiedliche Belastung, der er ausgesetzt ist. Deswegen ist es unabhängig vom Alter immer wichtig, darauf zu achten, dass der Fuß mit dem Schuh optimal versorgt ist.
Worauf sollte man beim Schuhkauf achten? Leider passiert es ja nicht so selten, dass man sie zu groß oder zu klein kauft.
Die falschen Schuhe kauft man sich vielleicht auch deswegen, weil man von der Optik gesteuert wird. Vor allem Frauen haben das Problem, dass sie denken: Ich hatte immer Größe 37, jetzt muss ich auch wieder in eine 37 passen. Füße verlieren aber auch an Statik. Wir haben ein Längs- und ein Quergewölbe und das alles gibt mit der Zeit ein bisschen nach. Der Fuß wird letztendlich breiter. Man sollte also regelmäßig nachmessen. Der einfachste Test ist: den Fuß umdrehen, die Sohle an die Fußsohle legen und sehen, ob das überhaupt passt.
Woran erkennt man einen guten Schuh?
Er passt bei der Anprobe. Sätze wie: „Der weitet sich noch“ oder „die Füße gewöhnen sich schon noch daran“, sind kritisch. Ist der Schuh zu klein, gibt es Druckstellen und die Zehen können sich in ihrer Laufrichtung verändern. Ist der Schuh zu groß, dann nimmt der Fuß sich den Platz. Das Gewölbe spreizt sich auf und das fördert den Senk-Spreizfuß. Deswegen muss der Schuh immer dem Fuß angepasst sein. Man muss sich auch die Frage stellen, wann man den Schuh tragen wird. Ist der Schuh für abends, dann sollte man ihn abends anprobieren.
Wie wichtig ist Fußpflege und was kann man falsch machen?
Wichtig ist, die Füße zu waschen und ordentlich abzutrocknen. Man sollte nicht mit feuchten Füßen in die Socken schlüpfen, das ist eine Brutstätte für Pilze und Keime. Beim Nägelschneiden muss man darauf achten, dass der Nagel nicht zu knapp oder zu rund geschnitten wird, denn dann wirkt die umgebende Haut nicht mehr gut als Führungsrinne. Dann kann der Nagel aus seinem normalen Bett hinauswachsen – der Zehennagel wächst ein und das ist sehr schmerzhaft. Diesen muss man schließlich auch über eine größere Fläche entfernen.
Und Hornhaut?
Hornhaut ist nicht gut für unseren Fuß. Der Fuß baut sie als Schutz auf, wenn er einer vermehrte Druckbelastung ausgesetzt ist. Bei einem gesunden Fuß, bei dem wir ein normales Quergewölbe vorne und ein normales Längsgewölbe auf der Innenseite vorfinden und der Patient auch normalgewichtig ist, ist das Risiko, dass sich Hornhaut bildet minimal.
Viele haben im Sommer Blasen: Wie versorgt man sie am besten?
Die Blase mit einer Stecknadel entlasten und die Haut als Schutz dran lassen, um zu vermeiden, dass Keime eintreten und ein Pflaster drüberkleben. Und danach vor allem der Sache auf den Grund gehen, warum man eine Blase hat. Also, Schuhwerk kontrollieren!
Zur Person
Matthias Manke ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Seine Erfahrungen aus dem Spitzensport – betreuender Arzt am Olympiastützpunkt Westfalen, ehemaliger Mannschaftsarzt des FC Schalke 04) lässt er in seine Arbeit einfließen.
Buchtipp: Leichtfüßig. Was unsere Füße über
unsere Gesundheit verraten. Lübbe, 269 Seiten, 18,50 Euro.
Info: www.revierdoc.de
Quelle: Kleine Zeitung/Carmen Oster